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Rituelles Spiel und Aufführungsprojekte Entstehung, Ziele, Zusammenhang und Arbeitsschwerpunkte von

THEATERSCHULE TOC UND ENSEMBLE 90

TOC

TOC (time of concentration) ist eine Theaterschule für künstlerische Selbsterfahrung und theatrale Tiefenarbeit in Gruppen. Ihre wichtigsten Komponenten sind:

Körpertheater und Gruppenimprovisation
Rituelles Spiel
Stimm- und Gesangsarbeit
danseexpressie
Experimentalensemble für Aufführungs- und Laborprojekte
Theateranthropologischer Diskurs

Im Zentrum der Schule stehen die Improvisation und die Gruppe sowie der permanente Diskurs über die Ursprünge und die Grundbedingungen der Theaterkunst und ihre soziokulturellen Funktionen heute. TOC ist ein Aus- und Fortbildungskonzept für Menschen, die Lust haben,

Theater zu spielen
sich auf intensive Gemeinschaftserfahrungen einzulassen
sich körperlich und stimmlich auszutoben und auszudrücken
ein Thema ganzheitlich zu erforschen, sich ihm geistig, körperlich, emotional und spielerisch anzunähern
die eigenen Muster in Bewegung, Stimme, Gesang, Tanz und Spiel zu erfahren und zu erweitern
die gemeinschaftsspendenden Funktionen des Theaters zu erfahren und zu erforschen
die Muster des kollektiven Unterbewussten auszuloten
die unterirdischen Strömungen unserer Kultur zu erspüren

TOC wendet sich an SchauspielerInnen, SängerInnen, TänzerInnen, TheaterpädagogInnen und -therapeutInnen, an Kunst und Heilung arbeitende, Profis, Laien, echte Amateure (d.h. Liebhaber), Liebende und Suchende, die bereit sind, sich auf sich selbst und aufeinander einzulassen.

Die Ausbildung gliedert sich in (mindestens) ein Basisjahr zur Entwicklung der Grundlagen und ein Produktionsjahr mit Aufführungen im ensemble90. Dabei ist die berufsbegleitende Teilnahme möglich.

Darüber hinaus bietet TOC individuelle Trainings, Workshops und Einzelveranstaltungen sowie theaterpädagogische und theatertherapeutische Beratung an.

AUSBILDUNGSSCHWERPUNKTE

TOC ist eine Theaterschule für Gruppen. Obwohl wir uns auch mit Einzelstunden, individueller Ausbildung und der Entwicklung künstlerischer Persönlichkeiten befassen, steht im Mittelpunkt der Schule weniger die individuelle Schauspielausbildung, als vielmehr die Erfahrung, die Befähigung und die Fortentwicklung der Gemeinschaftsaspekte theatraler Arbeit in und mit Gruppen.

Im Zentrum unserer Arbeit stehen die ganzheitlichen Ansätze des Körpertheater und des Rituellen Spiels. Die verschiedenen Aspekte unserer individuellen Wirklichkeit (z.B. Körper, Wille, Geist und Seele) wie auch unsere Eingebundenheit in größere Zusammenhänge (z.B. sozialer, ökologischer und geistiger Art) werden in eine künstlerische Zusammenschau gebracht.

Körpertheater ist weder eine Bewegungsfertigkeit noch eine ästhetische Kunstform, sondern ein ganzheitliches Verfahren zur Befreiung von Seele und Geist. Rituelles Spiel könnte man als eine Art körperlich-praktischer Philosophie begreifen, mittels derer eine Gruppe ein Thema erforscht.

Bei Aufführungsprojekten geht es uns auch um die ästhetischen Dimensionen und den künstlerischen Diskurs mit anderen Produktionen sowohl im professionellen wie auch im Amateurbereich. Im Focus unserer Arbeit steht jedoch der gemeinsame Prozess der Macher. Im Sinne des brechtschen Begriffes der „großen Pädagogik“ geht es uns in erster Linie um ein vertiefendes Erkennen und Bewältigen der eigenen individuellen und gesellschaftlich-kulturellen Wirklichkeit.

Wenn das Theater hier als gemeinschaftsspendend begriffen wird, so steht es damit in bewußtem Gegensatz zu modischen Trends, es den immer mehr leistungs-,konkurrenz- und karriereverhafteten Tendenzen unserer gegenwärtigen Kultur einzuverleiben. In einer sich zunehmend atomisierenden Gesellschaft, welche losgelöst von natürlichen Einbindungen sich sozialer Kälte und einem immer geistloserem Individualismus ergibt, können wir hier das Theater als einen Ort der Wärme, des Sinnes und der Heilung erleben.

Theater als Gemeinschaftskunst hat immer auch eine pädagogische, eine spirituelle und eine heilsame Dimension. In ihrem Mittelpunkt steht aber immer die künstlerisch-ganzheitliche Schau auf die Welt.

Neben den Grundlagen von Körpertheater und Rituellem Spiel stehen auch Dansexpressie, Stimm- und Gesangsarbeit sowie die theateranthropologische Reflexion im Zentrum der Theaterschule.

Die Fortentwicklung theatraler Dimensionen in soziotherapeutische wie auch tiefenökologische Zusammenhänge skizziert die Richtungen, welche durch künftige Laborprojekte der Schule avisiert werden. TOC reflektiert und baut auf die fast 25jährigen Erfahrungen mit dem semiprofessionellen ensemble90 und startet 2014 eine neue Ausbildungs- und Trainingsgruppe.

KÖRPERTHEATER UND RITUELLES SPIEL

Neben den in Neuzeit und Moderne dominierenden Formen des Rollentheaters und den etwas älteren und archaischeren Formen des Figurentheaters bildet das Körpertheater den dritten großen Strom der europäischen Theatergeschichte. Es ist am tiefsten mit den ältesten Wurzeln der Theaterkunst und am ehesten mit den Theaterformen der außereuropäischen Kulturkreise verbunden. Körpertheater ist weder eine besondere Bewegungsfertigkeit noch eine spezielle Kunstform, es ist eher ein ganzheitliches Verfahren zur Befreiung von Seele und Geist. In die Zeit der griechischen Tragödie und noch davor hinabreichend, verbindet es künstlerische, magische, spirituelle und soziotherapeutische Aspekte in der Weise, daß es die Spieler und Spielerinnen „pur“, also ohne dazwischengeschaltete Rollen oder Masken mit dem jeweiligen Thema verbindet.

Das Rituelle Spiel ist eine spezielle Form des Körpertheaters und die Basisausbildung für die Spieler von Ensemble 90. Die Sensibilisierung unseres körperlichen, emotionalen, mentalen und geistigen Potentials macht uns durchlässig für Bilder, Themen und Energien aus dem kollektiven Unterbewußten. Die theatrale Gestaltung unserer Symbole und Mythen führt sowohl zu einem tieferen Begreifen unserer Eingebundenheit in größere Zusammenhänge als auch zu einem ganzheitlicheren Kontakt mit der äußeren Welt.

Es wurde in den siebziger Jahren im Rahmen der Schauspielpädagogik an der staatlichen Hochschule für Musik und Theater in Hannover (unter der Leitung von Prof. Heinz Schlage) entwickelt und diente ursprünglich der Vertiefung künstlerischer Erfahrung im Bereich funktionsorientierter Theaterarbeit (Körpertheater). Als konzentrative Gruppenimprovisation dient es in erster Linie der gemeinsamen, ganzheitlichen und vertiefenden Exploration eines Themas durch eine Gruppe. Es sensibilisiert unmittelbar für die Spannung von persönlicher Authentizität und der Wahrnehmung kollektiver Muster und Möglichkeiten.

Da es auch die Bereiche des kollektiven Unterbewußten erhellt, hat es neben seinem ursprünglichen Einsatz in der Theaterkunst und Theaterpädagogik in den letzten Jahren auch Eingang in die Theatertherapie, namentlich deren systemorientierten Ansatz gefunden. Es kommt nicht nur aber vornehmlich in der Soziotherapie zur Anwendung, wo nicht allein das Individuum und mehr die Gruppe, das soziale System im Focus steht. Darüber hinaus spielt es eine zunehmende Rolle in der Entwicklung der Ökotherapie, sowie als resourcenorientiertes Verfahren im Zusammenhang von Gesundheitsvorsorge und Salutogenese.

„In einer Kultur der Verstellung und Anpassung, die uns bereits zur zweiten Natur geworden ist, jedoch bis jetzt noch unser Überleben sichert, stellt das Rituelle Spiel eine Gegenbewegung dar und kann wieder den Kontakt zu unserer ursprünglichen Natur herstellen. Unter anderem bekommen auch das Unangepasste und unsere Schattenseiten einmal den Raum und die Erlaubnis, spielerisch und gefahrlos so lang zelebriert zu werden, bis sie sich erlösen können. Wir werden durchlässiger für unsere primären Impulse, und das auf eine angstfreie Art, fast wie von selbst.“ (Kommentar einer teilnehmenden Kreativtherapeutin).

ENSEMBLE 90

Ensemble 90 ist entstanden mit der Absicht, Theaterarbeit mit und für Amateure so professionell und attraktiv zu gestalten, das sie Lust haben, Amateure zu bleiben. Gegründet um theaterbegeisterten Amateuren eine möglichst professionelle Ausbildung und künstlerische Leitung anzubieten definiert sich das Projekt Ensemble 90 als explizit „semiprofessionell“. D.h. daß die SpielerInnen und Spieler bei allem ästhetischen Anspruch in der Regel Amateure sind und bleiben wollen. Daraus folgt, daß wir größere Abstände zwischen unseren Produktionen haben. Dennoch wollen sich unsere Produktionen mit denen des Profitheaters messen.

Da fast alle finanziellen Quellen im soziokulturellen Bereich für unser „Nischenprojekt“ mittlerweile versiegt sind, zahlen unsere Spieler derzeit viel Geld, um die Rahmenbedingungen der Arbeit zu ermöglichen. Dennoch findet der allergrößte Teil der professionellen Leitungs- und Zuarbeiten heute ehrenamtlich statt. Natürlich wollen wir das ändern.

Neben der Suche nach möglichen Mäzenen, Sponsoren u.a. Fördermöglichkeiten steht aber an erster Stelle und im Mittelpunkt unserer Bemühungen die Suche nach interessierten Frauen und Männern, die das ensemble90 als SpielerInnen verstärken wollen.

Zur Zeit bietet ensemble90 zwei Repertoire-Produktionen an: „Das Königreich des Sommers“ (3 Frauen,2 Männer, 1 Techniker, 90 Minuten) und „Das weisse Schiff“ (4 Frauen, 2 Männer, 1 Techniker, 110 Minuten) Beide Stücke sind als Gastspiele zu buchen (siehe die entsprechenden Tournee-Flyer).

Um die bewährten SpielerInnen zu entlasten und um neuen MitspielerInnen den Einstieg zu ermöglichen wollen wir 2014 ein bis drei neue Frauen und ebenso viele Männer als Doppel- oder Ablösebesetzungen einarbeiten.

Die Spielzeit 2014/15 wird unsere Jubiläumsspielzeit. ensemble90 wird 25 Jahre alt.! Sowie wir genügend neue SpielerInnen gefunden haben, soll dann wieder eine größere Shakespeare Produktion (ggf. der „Sommernachsttraum“, 5 Frauen und 5 Männer) und danach wieder eine Eigenproduktion („Der Herr der Ringe“ 12-15 SpielerInnen) angegangen werden. Interessierte an allen vier Projekten sind gebeten, sich umgehend zu melden.

WEITERE PERSPEKTIVEN


a: künstlerische Entwicklungen

„Das Schwert im Walde“ Ein Kinderstück für Zuschauer ab 7 Jahren von Gandalf Lipinski. Zum Thema: Wer bin ich und wer möchte ich sein?
2 Frauen, 2 Männer, 1 Musiker

Ein Erzähltheater für 1 Frau und 1 Mann, welches die mystisch-magische Ebene mit der realpolitischen verbindet.

b: theatertherapeutisches Institut

Nach über 20jähriger Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Theatertherapie und den dort im Rahmen der theatertherapeutischen Ausbildung gemachten Erfahrungen gründet der TOC e.V. 2014 ein eigenes theatertherapeutisches Institut, das

INTUS
Institut für Theatertherapie und Salutogenese

Ziele des Institutes sind die Integration der Basiserfahrungen mit dem Rituellen Spiel und künstlerisch theatraler Selbsterfahrung überhaupt in die theatertherapeutische Grundausbildung, die Herausarbeitung und Betonung der sozio- und ökotherapeutischen Aspekte der Theatertherapie und die Stärkung ihrer salutogenetischen Ausrichtung.

Mit der Leitung des Institutes werden Susanna Stich-Bender und Gandalf Lipinski betraut. Als weitere Dozenten wurden bereits Anke Conrad und Doris Müller-Weith sowie Rosemarie Anton und Tatjana Gräfe von der TOC-Theaterschule gewonnen.

Ab 2015 wird das INTUS in Zusammenarbeit mit einer Universität eine berufsbegleitende Weiterbildung in soziotherapeutisch orientierter Theatertherapie anbieten.

Ab April 2014 bietet das INTUS ein zweijähriges Programm aus Einzelseminaren und kürzeren Fortbildungen an.

Am WE 25.-27.04.2014 findet das erste INTUS-Frühlingssymposion statt, zum Thema: „integrierte Theatertherapie und gesellschaftlicher Wandel“ Mit Anke Conrad, Prof. Mathias Grundmann, Gandalf Lipinski, Doris Müller-Weith und Susanna Stich-Bender. Das Symposion soll künftig jedes Jahr im Frühling stattfinden.

Weitere Informationen zum INTUS unter www.intus-theatertherapie.de.